Die Hotelhexen
Die schönsten Interviews sind doch immer jene, bei denen man vergisst, dass man eines führt. Wenn man sich mit jemandem über eine Passion unterhält, die man selber hegt, dann wird aus dem üblichen Frage-Antwort-Spiel schnell ein angeregtes Gespräch, in unserem Falle eine regelrechte Diskussion. Mit „uns“ meine ich die schwungvolle Zita mit den roten Haaren, ihre fröhliche Schwester Maria – beide deklarierte Kräuterhexen – und mich, die ich mich als eifrigen und wissbegierigen Kräuter-Frischling bezeichnen würde.
8 Kräuterkinder
„Das Kräuter-Gen, das liegt uns im Blut!“ meint Maria. „Zumindest liegt's in der Familie.“ Zu 8 seien die Kinder am Hof aufgewachsen, 4 Jungs, 4 Mädchen. Der Umgang mit Kräutern und Pflanzen, das Verständnis für die Kreisläufe der Natur, sei ihnen praktisch in die Wiege gelegt worden und habe sie ein Leben lang begleitet. Den beiden Schwestern ist in den letzten Jahren zunehmend bewusst geworden, wie wertvoll dieses alte Wissen heute ist. Es weiterzugeben macht ihnen große Freude. „Eine Leidenschaft leben und erlebbar machen.“ nennt Zita das.
Salbei, Minze, Kümmel, Baldrian – so Vieles gedeiht, blüht und duftet heute im riesigen Kräutergarten am Hotel Bacherhof! Den Großteil davon bilden Küchenkräuter, aber auch so manches Heilkraut, auf das die beiden Schwestern schwören, gedeiht hier unter der Sonne Meransens. Plagt einen Gast mal ein Wehwehchen, wissen die Kräuterhexen Rat. Welcher Tee hilft bei Magenbeschwerden, was tun, bei Blasen an den Füßen vom vielen Wandern? „Eine echte Hexe kennt für und gegen alles das richtige Kräutlein.“ Da bin ich ja gespannt. „Wermuttee trinken.. Und ein Blatt vom Breitwegerich zerreiben und auf wunde Stellen an den Füßen legen.“
Ganzjahresjob
Löwenzahn muss im Frühjahr gepflückt werden, die Holunderblüten für den Saft auch … und den Fichtenspitzenhonig nicht zu vergessen! Die Johannisbeere, die Schwarzbeere, die Brombeere, die Stachelbeere – aus all dem wird dann im Sommer Marmelade gemacht. Und schon geraten die beiden ins Schwärmen, weil sie ihre Blutpflaume so sehr lieben. Da muss man nix tun, an dem Bäumchen, da wächst alles von ganz allein, das macht alles die Natur – und dieser volle Geschmack, diese ganze Süße kommt dann ins Glas. Ich bekomme sofort Lust auf ein ganz einfaches Marmeladebrot. Mit Blutpflaumenmarmelade oben drauf. Und die Kräuter? Die sind natürlich auch ganz pur, ganz Natur, ganz wild, ganz bio.
Daraus entstehen dann Teemischungen, Tinkturen, Kräuterstempel für die Massagen – da werden Rosmarin, Lavendel, Salbei und Arnika in Stoffbeutelchen gefüllt. „Die Stempel werden erwärmt und damit wird dann massiert. So gelangen die Inhaltsstoffe unter die Haut.“ „Eine Massage, die unter die Haut geht, sozusagen.“ Maria lacht.
Kräutlein schmecken!
Der Kräuterhexen Lieblingskraut? Basilikum! „Das schmeckt nach mediterraner Wonne, nach Urlaub. Eine frische Tomate von meinen Sträuchern mit reichlich Basilikum, das ist das worauf ich gerade im Moment am meisten Lust habe.“ meint Zita. Wenn sie noch weiter so schwärmt, ich auch, denke ich. Und weil ich so langsam richtig Hunger bekomme von dieser angeregten kulinarischen Unterhaltung, frage ich Zita gleich nach ihren Lieblingsgerichten. „Ein Quark-Aufstrich mit frischen Kräutern, Löwenzahn in den Salat mit gekochten Eiern – so was Einfaches schmeckt immer fantastisch! Der Spinat schmeckt jetzt auch am besten, wenn er ganz frisch der Erde entschlüpft ist. Spinat-Brennessel-Teigtaschen - die schmecken so wie sie klingen. Bereitet man die Polenta mit frischem Salbei drin – hat man flugs zum Fleisch eine zwar klassische Beilage, aber mit einer besonderen Note.“
Wir sprechen über Maggikraut, über Borretsch, diskutieren über dies und jenes, die Anwendung vom ein oder anderen in der Küche, das Aufnahmegerät indes läuft und läuft und läuft. Wenn mich irgendwann nicht tatsächlich der Hunger getrieben hätte, dann säße ich wohl noch heute dort mit Zita und ihrer Schwester, um den echten Kräuterhexen Löcher in den Bauch zu fragen und vor Freude, meine eigene, neue Leidenschaft mit jemandem teilen zu können.
Von wem man lernen könnte? Klar – von der Hildegard. Der von Bingen. „De wor guat drauf, de Frau.“ sagt Zita. „Das seid ihr zwei auch!“ denke ich.
Zita, Maria, danke fürs Gespräch. Aber jetzt muss ich erstmal was Essen.